Background Image
Previous Page  3 / 10 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 3 / 10 Next Page
Page Background

1

DOZ

05 | 2015

EDITORIAL

Zu viel des Guten

Dicke Luft herrscht in der augenopti-

schen Branche in der Schweiz. Die Be-

rufspolitiker des Schweizer Optikerver-

bands (SOV) haben eine Reaktion der

„big five“ (Fielmann, Visilab, McOptik,

Koch Optik, Marc Etienne Berdoz) provo-

ziert, die nicht hätte sein müssen. Die

„big five“ haben einen eigenen Berufs-

verband, den Augenoptik Verband

Schweiz (AOVS) gegründet, der eine

massive Veränderung der Ausbildungs-

und Arbeitsmarktsituation im Fokus hat.

Zur Klarstellung: Ich befürworte eine

hochentwickelte Optometrie, allerdings

nur bei gleichzeitigem Bemühen um die

berufliche Basis. In der Schweiz dreht

sich die Debatte seit geraumer Zeit nur

um Optometrie. Man spricht zwar schon

länger über Weiterbildungsprogramme

für Augenoptiker-Gesellen um den Beruf

attraktiver zu machen, doch passiert ist

per dato nicht viel. Böse Zungen behaup-

ten, die SOV-Verbandsspitze wolle sich

lieber mit der „High-End-Optometrie“

profilieren und sich möglicherweise ge-

gen ausländische „Nicht-Optometristen“

abschotten. Das ist in Deutschland zum

Glück nicht der Fall!

Spätestens nach dem Entscheid des

schweizerischen Verwaltungsgerichts

vom 25. Februar ist klar, dass das Vorge-

hen des SOV ein Schuss in den Ofen war.

Deutsche Augenoptikermeister dürfen

nun wieder uneingeschränkt in der

Schweiz arbeiten. Das gilt auch für dieje-

nigen, die ein Professor einer Berliner

Fachhochschule zuweilen „Scheunen-

meister“ (die mit Kurzzeit–Studium)

schimpft. Ein Schlag ins Kontor für den

SOV und für die Kollegen, die Energie,

Geld und Herzblut in ihre höhere Ausbil-

dung (Bachelor nach ECOO-Standard)

gesteckt haben, um eine Refraktion oder

eine Kontaktlinsenanpassung ausüben zu

dürfen. Es geht also in Zukunft auch ohne

den „schwarzen Gürtel“ ECOO-Diplom.

Hätten die Schweizer Berufspolitiker den

Benchmark zur Zulassung zum Arbeits-

markt in ihrem Land nicht auf ECOO-

Standard gesetzt, wäre der AOVS nicht

geboren worden. Die bis Ende 2012 gel-

tenden Bestimmungen hätten gereicht,

um die Ziele des SOV, wie die Sicherung

der Augen-Volksgesundheit zu verwirkli-

chen. Was jetzt passiert ist, ist ein „down

grading“, das nicht einmal die Filialisten

anstrebten. Der SOV war mit seinem Stre-

ben über das Ziel hinaus geschossen. Der

ZVA verfolgt andere Ziele, wobei auch in

Deutschland der Ruf nach dem Gold-

Standard ECOO immer lauter wird. Gold-

Standard ist begrüßenswert, doch

braucht die Branche auch einen soliden

Silber- und Bronze Standard. Die berufs-

politischen Entscheider arbeiten in

Deutschland an einer Höherpositionie-

rung des Augenoptikermeisters und ei-

ner landesweiten Harmonisierung der

Ausbildungsprogramme und Abschluss-

prüfungen. Das Augenmerk fällt dabei

nicht nur auf die Optometrie, sondern

auch auf betriebswirtschaftliche Aspekte.

Schließlich sollen die Absolventen der

Meister- /Fach- / Fachhochschulen auch

ein Geschäft führen und in der Industrie

eine verantwortungsvolle Position ein-

nehmen können.

Der Konsument soll entscheiden, wel-

chen Fachmann mit welcher Qualifika-

tion er aufsuchen möchte. Die Wahl der

optometrischen Leistung und damit ver-

bundenen Kosten, kann allein er treffen.

Alles andere wäre Bevormundung. Ich

hoffe, die Berufspolitiker der D-A-CH-

Region halten sich diesen Umstand vor

Augen. Auch der AOVS ist gefordert, ei-

nen Beitrag zur Förderung der Branche

und der Augen-Volksgesundheit zu lei-

sten.

Hoffnungsvolle Grüße

Marcel Zischler

Schreiben Sie uns Ihre Meinung!

zischler@doz-verlag.de