DOZ Juli 2013 - page 7

TITELTHEMA
FLUT
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DOZ
07 | 2013
fe“ anbot, seine Bedingung: ausreichen-
der Versicherungsschutz.
Zum zweiten Mal hat es Bernd und
Ulrike Strempel aus Colditz im Landkreis
Leipzig in Sachsen getroffen. Das Wasser
der Mulde richtete in dem 164 Quadrat-
meter großen Ladengeschäft fast einen
Totalschaden an. Der Wasserpegel stieg
auf über acht Meter, der Normalpegel
liegt bei 1,60. Der Strom rauschte in zwei
Meter Höhe durch die Badergasse. Das
Geschäft ist barrierefrei für Rollstuhlfah-
rer und Gehbehinderte konzipiert. Nach
Abfließen der anderthalb Meter hohen
Flut wurden Wände rausgerissen, die
gesamte Einrichtung entfernt, die Fußbo-
denbeläge mussten weg, der Estrich riss
beim Trocknen…Der Refraktionsstuhl ist
defekt – die Liste ließe sich fortführen.
Was blieb, war ein Metallregal, bei dem
sich die Inhaber im Gespräch mit der
DOZ-Redaktion auch noch nicht sicher
waren, ob es nicht rostet. Wer sollte da
nicht verzweifeln?
Vier Trockengeräte liefen in der zwei-
ten Juni-Woche Tag und Nacht. Dabei
hatte 1993 mit dem Neubau alles so gut
angefangen. Dann kam 2002 die Flut und
jetzt wieder. Ulrike Strempel: „Damit hat
hier keiner der Geschäftsleute gerech-
net.“ Es war geplant, die Mulde in Schutz-
wände zu legen, aber dagegen hatte es
Einzelklagen von Anwohnern gegeben.
Und nun das. Mut hat ihnen die Hilfsbe-
reitschaft der Menschen während des
Hochwassers gegeben. Wenn die Strem-
pels allerdings an die ersten hundert Tage
nach dem Wasserdestaster denken, wäh-
rend derer kein Geschäftsbetrieb möglich
ist, die laufenden Kosten aber kein Par-
don kennen – bleibt die Hoffnung, dass
solche Hilfsbereitschaft andauert.
Nachfragen bei der augenoptischen
Industrie, ob Lieferungen oder Pro-
duktionen betroffen sind von der Flut,
haben bis Redaktionsschluss lediglich
bei Bushnell in Kolbermoor Beeinträch-
tigungen ergeben. Michael Sakellaris,
Bushnell-Key Account & Marketing Ma-
nager Eyewear: „Ja, das Hochwasser hat
Kolbermoor tatsächlich hart getroffen.
Da sich unser Büro zwar direkt neben
dem betroffenen Fluss befindet, aber
zum Glück im ersten Stock, sind wir
verschont geblieben. Die größte Schwie-
rigkeit für uns war es, ins Büro zu kom-
men. Wobei die meisten absolutes Ver-
ständnis gezeigt haben. Jetzt geht es hier
in Kolbermoor ans Aufräumen.“ Nicht
nur dort.
Für die durch die Hochwasserflut
beeinträchtigten Augenoptiker hat der
ZVA zu einer Spendenaktion aufgerufen.
Zu diesem Zweck hat der Verband ein
Sonderkonto (KtoNr. 1 006 688 137 bei
der Stadtsparkasse Düsseldorf, BLZ:
300 501 10, Stichwort: Hochwasserhilfe
2013) eingerichtet. Als erster Spender
hat der Verband 10.000 Euro auf dieses
Spendenkonto eingezahlt. ZVA-Präsident
Thomas Truckenbrod: „Wir hoffen auf
zahlreiche weitere Spenden aus dem
Berufsstand und aus der Industrie.“
Zum Koordinator für die Hochwasser-
hilfe hat der Zentralverband der Augen-
optiker (ZVA) Herbert Mahlow (67), den
ehemaligen Geschäftsführer des Mittel-
deutschen Augenoptiker Verbandes in
Dresden, benannt. Mahlow hat sich be-
reits 2002 bei der Verteilung der rund
260.000 Euro Spendengelder bewährt
(
. Er machte sich
bereits Mitte Juni persönlich ein Bild von
dem Ausmaß der Zerstörungen. Sein
Resümee: „Die Kolleginnen und Kollegen
sind zu bewundern, die trotz der Schäden
nicht aufgeben und mit Willenskraft und
Unterstützung der Gemeinschaft ihren
Betrieb wieder aufnehmen.“
n
Christine Höckmann
Wer den Schaden hat…
Versicherungsschutz kostet. Aber vor allem bei Überschwemmungen heißt es nicht
selten „höhere Gewalt“, und die Betroffenen können sehen, wie sie zurechtkommen
– es sei denn, die Bevölkerung spendet oder der Staat greift ein wie bei dem Elbe-
Hochwasser 2002. Gegen Hochwasserschäden sind jedoch die wenigsten versi-
chert. Allerdings decken alte DDR-Wohngebäudeversicherungen, die die Allianz
weiterführt, Überschwemmungsschäden mit ab. Allgemein ersetzen Wohngebäude-
und Hausratversicherung lediglich Sturmschäden, Schäden am Auto übernimmt die
Teilkaskoversicherung. Experten fordern schon seit Langem eine gesetzliche Pflicht
zu einer Elementarschadenversicherung, die auch Hochwasserschäden abdeckt.
Doch sie ist weiterhin freiwillig.
Das Hochwasser in Deutschland könnte die Allianz teurer zu stehen kommen als die
Jahrhundertflut 2002: Focus-Online zufolge schlägt die Katastrophe mit 350 Millio-
nen Euro zu Buche. In einigen der vom Hochwasser betroffenen Gebiete sind Versi-
cherungen nur gegen horrende Prämien oder gar nicht erhältlich. (nach: focus.de)
Nachdem das Wasser weg ist zeigt sich das Ausmaß der Zerstörung: Fuß-
böden, Zwischenwände, Einrichtung – alles muss neu angeschafft werden.
Anpacken und Aufräumen: Handwerkliche Arbeiten nach der Flut in
Pirna. (Fotos: Herbert Mahlow)
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