Zu Gast bei einer Ounda-Schulung zu optometrischen Dienstleistungen

Über den Mehrwert der Spaltlampe

Ounda veranstaltete Ende März den zweiten der Teil der Schulung „Spaltlampe als Screening-Instrument“ für die Angestellten des Optik-Becker-Betriebs in Neuwied. Petra Lindner leitete den Workshop für das Team um Betriebsleiter Michael Becker und ließ sich von der DOZ dabei über die Schulter schauen. Auf dem Tagesprogramm: Der Spaltlampenablauf und was man alles damit untersuchen und erkennen kann.
Informationsmittel Spaltlampe

Was mit der Spaltlampe erkennbar wird, kann viel Aufschluss über die Augengesundheit der Kundinnen und Kunden geben. Dafür braucht es nur Motivation und das richtige Fachwissen. Eine Schulung kann beides bieten.

© AdobeStock_229760265 / Microgen

Erstveröffentlichung in der DOZ 06|23.

Bei der Kontaktlinsenanpassung ist die Spaltlampe nicht wegzudenken, doch wie sieht es abseits der Linse aus? Optometrische Dienstleistungen werden von immer mehr augenoptischen Fachbetrieben angeboten und die Spaltlampe, die zumeist für die Kontaktlinsenanpassung im Betrieb vorhanden ist, kann im optimalen Fall an Computer und Software angeschlossen und so zusätzlich genutzt werden. Die Ounda GmbH legt großen Wert auf den Ausbau der Optometrie und ermutigt ihre Betriebe, sich in diesem Bereich fortzubilden (siehe dazu das Interview mit dem damaligen CEO Dieter Meis in der DOZ 09|22). Ute Heimbach, zertifizierte Fortbildungstrainerin und Petra Lindner, Leiterin Augenoptik/Optometrie bei Ounda, erarbeiteten das Konzept; entstanden sind unter anderem zwei Handouts, die  den Ablauf einer optometrischen Untersuchung an der Spaltlampe erklären und die jeder Schulungsteilnehmer erhält. Zusätzlich kann jeder Ounda-Betrieb auf sein Angebot angepasste Checklisten in Flyerform drucken lassen, um im Anschluss anhand der Antworten zu den Multiple-Choice-Fragen das persönliche Sehprofil zu erstellen und die Bedarfsanalyse durchzusprechen.  

Und hier kommen die optometrischen Leistungen und auch die Spaltlampe ins Spiel. Ein Flyer zum Mitnehmen, der erklärt, was optometrische Leistungen überhaupt sind, liegt im Geschäft aus. Als „Neueinsteiger“ auf dem Gebiet der optometrischen Dienstleistungen durfte die DOZ der Schulung beim Team von Optik Becker beiwohnen, und Augenoptikermeisterin Anja Ackermann, den Gesellinnen Marion Herrmann und Christiane Klee, dem Betriebsleiter Lars Krauter und dem Seniorchef Michael Becker über die Schultern schauen.  

Becker gründete 1989 seinen Augenoptikbetrieb Optik Becker in Neuwied. Das Interesse an Optometrie und Ophthalmologie ist bei dem 65-Jährigen sozusagen historisch begründet: Becker ist mit einer Ophthalmologin verheiratet, sein Großvater gründete sein Geschäft Brillen Becker 1925 in Koblenz und passte dort bereits Augenprothesen an, da aufgrund der Weltkriege ein hoher Bedarf herrschte (im Ersten Weltkrieg stieg der die Prozentzahl der Augenverletzungen gegenüber früheren Kriegen vor allem wegen der veränderten Kampfführung – es wurde vorrangig im Liegen mit erhobenem Kopf geschossen – von zwei auf sechs Prozent an). Noch heute lagern hunderte Glasaugen und Augenschalen in den Schränken des Augenoptikermeisters. Schließlich war Michael Becker einer der wenigen Augenoptiker, der für seine Kundinnen und Kunden aus bereits gefertigten Prothesen ein passendes Glasauge auszuwählen und anzupassen vermochte. Bis zuletzt hatte er die Augenschalen selbst für die Kundschaft angepasst, doch die Nachfrage nahm immer mehr ab und schließlich wurde das Angebot eingestellt. Einen Namen aber hatte sich Optik Becker damit trotzdem in Neuwied (und darüber hinaus) gemacht. Nun aber will sich der Betrieb auf den Ausbau seiner optometrischen Dienstleistungen konzentrieren.

Petra Lindner beim Befund erklären

Referentin Petra Lindner (links im Bild) erklärt anhand der Aufnahmen, worauf zu achten ist und ob eine Pathologie vorliegt.

© DOZ

Den Kundinnen vermitteln, warum diese Leistung Geld kostet

Bevor es für das Optik Becker Team an die Spaltlampe und damit an die praktische Umsetzung der optometrischen Dienstleistungen ging, stand zunächst die Kommunikation des Mehrwerts in Richtung Kunden auf dem Programm. Warum ist es sinnvoll, so eine Untersuchung machen zu lassen und warum sollen Kundinnen dafür auch noch Geld bezahlen? Die Antwort auf diese Frage hatte Petra Lindner natürlich mit im Gepäck: „Wenn ich mein Auto in der Werkstatt abgebe und dort der Fehlerspeicher ausgelesen wird, zahle ich für die aufgebrachte Zeit und nicht das Beheben des Problems“, verdeutlicht sie. „Augenoptiker müssen davon wegkommen, alles zu verschenken und Kunden vermitteln, warum diese Leistung Geld kostet und welchen Mehrwert sie dadurch haben.“ 

Somit haben die Mitarbeiter schon einen wichtigen Aspekt gelernt: Die richtige Kommunikation mit dem Kunden muss zu Beginn der Beratung stattfinden. Nach den alltagsorientierten Grundlagen zu den Themen Marketing und Verkaufspsychologie ging es in die Praxis. Die Übungen an der Spaltlampe und die Untersuchung des vorderen Augenabschnitts wurden von Folien begleitet, die Lindner digital vorbereitet hatte und die verschiedene Pathologien und Normvarianten zeigten. So bekam das Becker-Optik-Team vom Trockenen Auge mit wenig Tränenfilm über eine Pinguecula bis hin zum Basaliom einige Beispiele präsentiert. Doch auch Hornhautveränderungen und Tränenfilmbeurteilung wurden in der Theorie anhand von Bildmaterialien besprochen. Harmlose Auffälligkeiten, wie eine verstopfte Meibomdrüse, wurden bei den praktischen Übungen an diesem Nachmittag ebenfalls gefunden. Die Teilnehmenden freuten sich über die Übung, den Input und das Feedback und nahmen neue Erkenntnisse mit. 

Das Optik Becker Team

Das Team von Optik Becker mit Petra Lindner auf der Schulung „Die Spaltlampe als Screening-Instrument“ (v. l. Lars Krauter, Petra Lindner, Michael Becker, Marion Herrmann, Anja Ackermann).

© DOZ

„Stärkt das Selbstbewusstsein, macht zufriedener und Arbeitgeber attraktiver“

„Ich sehe in diesen Schulungen einen deutlichen Mehrwert, denn die Mitarbeiterinnen bilden sich weiter, das stärkt das Selbstbewusstsein, macht zufriedener und der Arbeitgeber wird attraktiver“, argumentiert Lindner hinsichtlich Schulungen jeglicher Art. Hilfreich bei dieser Schulung war die Videospaltlampe und deren Möglichkeit, Aufnahmen zu machen. Gleichzeitig bietet die Videospaltlampe die Möglichkeit, Aufnahmen für die Kundenkartei zu machen und unbedenkliche Auffälligkeiten zu dokumentieren. Sollte jedoch etwas Gravierenderes gefunden werden, kann dem Kunden so besser erklärt werden, warum ein Gang zum Augenarzt sinnvoll ist. Zusätzlich kann man bei späteren Besuchen des Kunden schnell und einfach prüfen, ob eine harmlose Auffälligkeit sich verändert hat oder nicht. Dies steigert aus Sicht des Kunden die Kompetenz der Augenoptikerinnen. 

Für Michael Becker ist schnell klar: Diese Leistung wird so oft es geht angeboten und angewandt. „Durch die Demonstrationsmöglichkeiten der Fotoaufnahmen erleben wir eine deutliche Kompetenzsteigerung. Ich denke, dass hier die Mundpropaganda unsere Marktposition einmal mehr verbessert“, glaubt Becker. „Die optometrische Dienstleistung ist aktuell für viele kleinere Betriebe noch eine gute Chance sich von Mitbewerbern abzuheben und ein Alleinstellungsmerkmal zu setzen“, sagt der Inhaber. Denn eines ist klar: Die Branche wird sich weiter verändern, sei es in puncto optometrische Dienstleistungen, Künstliche Intelligenz oder Telemedizin. Möglichkeiten gibt es genug, wichtig ist, dass jeder Augenoptiker weiß, wo er sich platzieren möchte und dementsprechend seine Möglichkeiten ausschöpft.  

Petra Lindner Schulungsleiterin bei Ounda
© Petra Lindner/ Ounda GmbH

Vier Fragen an: Petra Lindner, Optometristin und Leiterin Augenoptik/Optometrie Ounda GmbH

„Wartezimmer mit Patienten füllen, nicht mit Banalitäten“

DOZ: Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei den optometrischen Dienstleistungen für einen Betrieb? Zum einen in Bezug auf das Alleinstellungsmerkmal, die Kundenzufriedenheit, aber auch bezüglich des Zeitaufwands in der Kundenberatung.

Petra Lindner: Ich sehe keine Nachteile bei der Einführung von optometrischen Dienstleistungen zum Bewahren der Augengesundheit. Kundenzufriedenheit reicht heute nicht mehr aus. Um sich im Markt erfolgreich zu behaupten und abzusetzen, brauchen wir Kundenbegeisterung. Noch sehe ich Screening und das Thema Gesundheitsdienstleistung als Begeisterungsmerkmal. Derzeit bieten es wenige Kolleginnen und Kollegen und keine Filialisten beziehungsweise Ketten an – und das Internet kann diese Leistung gar nicht bieten. 

Wie nehmen die Augenärzte diese Dienstleistung auf?

Viele Augenärzte sehen die Entwicklung in der Augenoptik positiv. Gut ausgebildete Augenoptikerinnen füllen ihnen das Wartezimmer mit behandlungsbedürftigen Patienten und nicht mit Banalitäten. Jeder Betriebsleiter ist im eigenen Interesse angehalten, einen Kontakt zu Augenärzten aufzubauen. 

Wie viele Ounda-Betriebe bieten bereits optometrische Dienstleistungen an und wie gut wird das in der Bevölkerung angenommen?

„Das Komplettpaket inklusive Fundusanalyse bieten aktuell 16 Betriebe an. Zehn weitere sind für dieses Jahr in Planung. Unsere Betriebe sind alle mit einem DNEye-Scanner oder ähnlichem Gerät ausgestattet, sodass wir das Potenzial, das diese Instrumente bieten, kombiniert mit einer sorgfältigen Spaltlampenuntersuchung, in vielen Betrieben in diesem Jahr ausschöpfen werden. Die Betriebe mit optometrischen Dienstleistungen sind unsere erfolgreichsten Betriebe.“  

Wie macht man Kundinnen und Kunden auf ein solches Angebot aufmerksam?

„Tue Gutes und rede darüber. Die Ansprache im Geschäft ist das Wichtigste. Werbemaßnahmen können das jedoch begleiten.“