Ein Blick(punkt) hinter den Kulissen Zu Gast beim AOV NRW: Großer Aufwand für das jährliche Highlight
21.10.2025
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Das Organisationsteam des Blickpunkts bespricht regelmäßig den aktuellen Stand der Veranstaltungsplanung (v.l.): Stefan Herburg, Ute Limberg, Ingo Kemmer, Stefan Domschat und Debora Gilsebach.
Erstveröffentlichung in der DOZ 10/2025.
Ute Limberg schaut auf ihr Handy: „Ich habe gerade noch eine Zusage von einem Referenten bekommen“, sagt die Geschäftsführerin des AOV NRW erfreut. Zusage? Referent? Gemeint ist natürlich eine der traditionsreichsten Veranstaltungen im Jahreskalender der Branche: Der Verbandstag Blickpunkt des AOV NRW findet in rund sechs Wochen, am 16. November, zum 44. Mal statt. Doch bevor sich an diesem Sonntagmorgen die Tore des Goldsaals der Westfalenhallen öffnen und rund 300 bis 400 Augenoptikerinnen und Augenoptiker aus ganz NRW – sowie über die Augenoptiker-Ausgleichskasse (AKA) auch aus angrenzenden Bundesländern – Dortmund für einen Tag wieder zum Zentrum der Augenoptik machen, liegt noch einiges an Arbeit vor dem Team, das den Verbandstag organisiert.
Neben Limberg, die zusammen mit Stefan Herburg (Geschäftsführer Gesellschaften und Unternehmensberater) das Programm und die Location verantwortet, gehören dazu Ingo Kemmer (Betriebsberatung, Geschäftsführer optikernetz.de GmbH), zuständig für die Technik, Stefan Domschat (Vertriebs Service GmbH), verantwortlich für die Industrieausstellung, und Debora Gilsebach, die die Öffentlichkeitsarbeit des Verbands sowie die Kommunikation zum Blickpunkt übernimmt.
„Wir sind keine Event-Agentur“, sagt Letztere, „und doch haben wir uns in den vergangenen Jahren an vielen Stellen professionalisiert.“ Das merkt man auch im Gespräch mit den fünf Verantwortlichen, die sich eigens einen Vormittag Zeit genommen haben, um der DOZ einen Blick hinter die Kulissen des Blickpunkts zu ermöglichen. Ende Juli wirken alle noch entspannt, schließlich sind es noch einige Wochen, ehe die heiße Phase beginnt. „Ab vier Wochen vor der Veranstaltung liegt unser Fokus ganz auf dem Blickpunkt. Aber alle anderen Themen laufen parallel weiter – Arbeitsrecht, Ausbildung, Unternehmensberatung. Anders geht es gar nicht“, betont Limberg.
Zufriedene Industrieteilnehmer geben Planungssicherheit
Die eigentlichen Vorbereitungen für das kommende Jahr beginnen schon am Tag der Veranstaltung selbst. „Wenn es am Sonntag gegen 16 Uhr auf das Ende zugeht, schauen wir bei allen Ausstellern vorbei. Viele signalisieren uns dann bereits, dass sie auch im kommenden Jahr wieder dabei sind“, erklärt Domschat. Das sei doppelt wertvoll: zum einen Bestätigung für eine gelungene Veranstaltung, zum anderen Planungssicherheit für das kommende Jahr. Da der Blickpunkt keinen Eintritt erhebt, muss das gesamte Geld zur Finanzierung über Industrieausstellung und Sponsoren sichergestellt werden. „Wir reden hier von 80.000 bis 90.000 Euro“, verdeutlicht Limberg.
Angesichts der enormen Kosten ist es kein Wunder, dass die Macher in den Wochen nach dem Blickpunkt zwar erstmal durchpusten, spätestens aber mit dem Jahreswechsel beziehungsweise mit der Opti in München mit der eigentlichen Vorbereitung beginnen. „Hier haben wir dann wieder den ersten Außenkontakt zu unseren Industriepartnern“, erklärt Stefan Domschat, der hier federführend ist und die Platzierung der Aussteller koordiniert. So entsteht früh ein Bild, wer im November dabei sein wird. „Die Industrie schätzt am Verbandstag die Nähe zu den Betrieben. Bei uns kommen zu 90 Prozent die Entscheider, Inhaber, Filialleiter oder wichtige Mitarbeiter mit entsprechender Budgetverantwortung“, weiß Herburg. Und das seien für die Industrie wichtige Kontakte in geballter Form an einem Tag, auch wenn man „bei uns, rund zwei Monate vor der Opti, nie etwas Neues vorstellen wird“, ergänzt Domschat.
Thomas Heimbach steht als Vorsitzender des AOV NRW nicht nur als Moderator des Blickpunkts auf der Bühne, zusätzlich informiert er die Mitglieder in einem eigenen Vortrag auch über die aktuellen Branchenentwicklungen.
Eine Veranstaltung im Wandel der Zeit
Bis vor rund zehn Jahren trug der Blickpunkt noch ein etwas anderes Gewand. Statt einem waren es zwei Tage, statt festem Standort wechselnde Locations. „Unsere Samstagabendveranstaltungen waren großartig. Die Leute haben gut und lange gefeiert – was allerdings dazu geführt hat, dass wir einige für den kommenden Tag ,verloren‘ haben“, erinnert sich Limberg. Außerdem sei es immer schwerer geworden, die Leute für ein ganzes Wochenende zu motivieren. „Da der Samstag bei vielen einer der umsatzstärksten Tage ist, haben wir uns für den Sonntag entschieden.“ Die Vorabendveranstaltung gibt es zwar weiterhin, heute aber in kleinerem Rahmen als Netzwerktreffen und Dank an das Ehrenamt. „Oftmals nehmen auch Industriepartner teil oder auch der eine oder andere Referent. Zudem sind die Prüfungsbesten aus den jeweiligen Prüfbezirken eingeladen und erhalten eine Hotelübernachtung gesponsert“, sagt Limberg.
Während man bei der Vorabendveranstaltung offen für neue Locations ist, hat man mit den Westfalenhallen mittlerweile eine feste Heimat für den Blickpunkt gefunden. „Nach der Fusion der Verbände in Nordrhein und Westfalen 2009 sind wir zunächst jährlich gewechselt, waren in Münster, Essen, Bielefeld oder Gladbeck“, erinnert sich Domschat – mit allen Problemen, die dies mit sich brachte. Ständig musste man sich auf neue Begebenheiten einstellen, neue Konzepte schreiben oder den Aufbau der Industrieausstellung komplett neu denken. „Vieles haben wir damals auch noch in Eigenregie gemacht: Herr Domschat hat sich um den Ton am eigenen Mischpult gekümmert und ich mich um anderes technisches Equipment wie die Rechner und den Beamer. Leider hat das alles im Moment, wo es drauf ankam, selten reibungslos funktioniert“, erzählt Ingo Kemmer schmunzelnd ein wenig aus dem Nähkästchen. Heute könne man sich gerade bei der Technik auf einen Partner verlassen, der seit eineinhalb Jahren zudem die gesamte Haustechnik der Westfalenhallen übernommen hat. „Die haben mittlerweile eine fest installierte Anlage dort, bauen die Bühne wahnsinnig toll auf. Das vereinfacht uns die Arbeit natürlich um ein Vielfaches und spart viel Zeit, die sonst in Absprachen geflossen ist“, verdeutlicht Domschat.
Am Veranstaltungstag ist die gesamte Geschäftsstelle des AOV NRW vor Ort und kümmert sich um einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung.
Eine halbe Stunde vor Beginn war der Strom weg
Doch selbst die beste Vorbereitung und eingespielte Routinen schützen nicht vor Überraschungen. Vor zwei Jahren fiel eine halbe Stunde vor Beginn der Veranstaltung der Strom aus – mehr als die Hälfte der Industrie-stände war ohne Versorgung. „Eigentlich war nur eine Sicherung ausgefallen, aber die Verantwortlichen und Berechtigten waren nicht vor Ort. Also haben wir mit meterlangen Verlängerungskabeln von der einzig noch funktionierenden Steckdose aus improvisiert“, erinnert sich Domschat.
Von Unerwartetem können die Fünf auch in Bezug auf ihre Referenten einiges erzählen. Erst im vergangenen Jahr gab es gleich mehrere kurzfristige Nackenschläge zu verkraften. Als Eröffnungsredner war eigentlich Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerk (ZDH), vorgesehen. Da es aber rund eineinhalb Wochen vor dem Verbandstag zum Bruch der Koalition in Berlin kam, sagte Dittrich ab, da er in Berlin gebraucht werde. „In diesem Moment hat man natürlich erstmal Puls“, gibt Limberg zu. Doch gelte es in solchen Situationen die Ruhe zu bewahren und nach Lösungen zu suchen. „Da hilft es natürlich enorm, dass wir auch politisch gut vernetzt sind und viele Kontakte haben“, bekräftigt die Geschäftsführerin. In dem Fall war es der AOV-Vorsitzende Thomas Heimbach selbst, der den direkten Draht zu Matthias Heidmeier, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, hatte. Beide waren nur wenige Monate zuvor mit einer Dele-gation nach Israel gereist (siehe auch DOZ 10/24) und kannten sich daher persönlich – und ein paar Nachrichten und Telefonate später war der Ersatzmann gefunden. Bei Moderator Ralf Caspers, der als Gesicht der Imagekampagne des AOV NRW im vergangenen Jahr als Schlussredner vorgesehen war, halfen indes auch keine persönlichen Kontakte mehr: „Wegen einer Corona-Erkrankung musste er während der laufenden Veranstaltung absagen. Zunächst stand noch im Raum, dass wir ihn per Videoschalte dazunehmen, dann aber versagte ihm auch noch die Stimme. In solchen Fällen ist man machtlos“, sagt Limberg.
Beide Redner aber machen auch deutlich, wie das Programm des Blickpunkts konzipiert ist: ein bisschen (Berufs-)Politik, ein Teil Fachlichkeit, ein Schuss Unterhaltung und dazu aktuelle Themen aus dem Markt. Welche Redner dabei letztlich auf der Bühne stehen, entscheidet sich mitunter erst kurzfristig, kann aber auch lange im Voraus geplant sein. Letzteres zum Beispiel gilt für Dr. Gregor Gysi. „Mit ihm sind wir schon seit drei Jahren in Kontakt, seit zwei Jahren ist der Termin fixiert“, erzählt Limberg. Entsprechend verwundert war man in Dortmund, als durchsickerte, dass Gysi wenige Monate zuvor auch beim Unternehmertag der IGA Optic referieren würde. „Uns wurde dann versichert, dass er durchaus in der Lage sei, trotz ähnlichem Publikum andere thematische Schwerpunkte zu setzen“, gibt Limberg die Reaktion auf die Nachfrage wieder. Dass der Anschein entstehen könnte, Referenten würden gezielt von Agenturen „herumgereicht“, verstehe sie zwar, aber das sei bei keinem Redner und keiner Rednerin beim Blickpunkt jemals so gewesen. „Wir gehen immer selber auf die Referierenden zu“, verdeutlicht die Geschäftsführerin.
Stefanie Heinzmann (r.), Gesicht der Imagekampagne 2023, gab auf dem Blickpunkt 2023 ein kleines Privatkonzert. Im Anschluss gab es Standing Ovations der Zuhörerinnen und Zuhörer.
Im Zweifel muss man auch Gegenwind aushalten
Gerade bei Politkern würde man im Vorfeld allerdings durchaus kontrovers diskutieren. „Im Zweifel müssen wir ja auch den Gegenwind aushalten, wenn unsere Mitglieder auf uns zukommen und sagen: Wie konntet ihr den denn einladen?“, beschreibt Herburg. Wichtig sei, spannende Menschen einzuladen, die durchaus streitbar sein dürfen. Dabei sei man für Vorschläge der Mitglieder offen. „Manchmal aber muss man sich auch eingestehen, dass Redner nicht funktioniert haben“, gesteht Herburg und erinnert daran, dass man einen Redner vor Ende des Vortrags von der Bühne geholt habe. Völlige Begeisterung habe es im Gegensatz dazu bei Stefanie Heinzmann, Gesicht der Imagekampagne 2023, gegeben, die im Rahmen des Blickpunkts ein kleines Privatkonzert gegeben hatte.
Und in diesem Jahr? Neben Ralf Caspers, der einen neuen Anlauf für seinen Auftritt nimmt, und Gregor Gysi freuen sich die Verantwortlichen auf Dr. med. Philipp Hermann von Universitätsklinikum Bonn, der das Thema Netzhauterkrankungen in den Fokus nehmen wird; auf Dr. Stefan Bandlitz, der seine Ortho-K-Studie und die berufspolitische Relevanz vorstellen wird (siehe auch DOZ 06/25); oder auch auf Christoph Baum, der den Anwesenden den COE Campus, die Fort- und Weiterbildungsplattform der Branche, näherbringen darf. „Ein zentraler Wortbeitrag ist auch der Vortrag unseres Vorsitzenden, bei dem er in 20 Minuten einen Überblick über die relevantesten und aktuellsten Themen der Branche bietet“, verweist Herburg. Selbst drei Tage vorher werde noch an der Präsentation gearbeitet. „Das ist sein Anspruch und für viele ist es sogar der wichtigste Vortrag des Tages“, betont Kemmer.
Diese besondere Mischung und auch die Stimmung sei es, die dem Blickpunkt im Veranstaltungsherbst einen festen Platz im Kalender gesichert habe. Für die kommenden vier Jahre stehen die Termine bereits fest – und diese werden mit den anderen Veranstaltern wie beispielsweise dem Trendforum auch kommuniziert. „Für uns ist der November der ideale Zeitpunkt“, befindet Limberg – trotz der geballten Terminhäufung. Der September sei keine Alternative, das habe der erste Blickpunkt nach Corona (2022) gezeigt. Stadt-feste, Ferien, die Silmo oder in gewissen Jahren auch die Wahl seien einige Kriterien. „Außerdem fehlen im September die Ressourcen der Industrieaussteller, da der Außendienst dort bereits zu stark eingebunden ist oder auch eigene Messen stattfinden“, weiß Domschat aus Erfahrung und persönlichen Gesprächen. Einzig auf den Terminkalender der Bundesliga beziehungsweise der Nationalmannschaft habe man keinen Einfluss. „Normalerweise stehen am Blickpunkt-Wochenende immer Länderspiele an. Und solange dann kein Spiel in Dortmund stattfindet, haben wir auch kein Problem. Aber es hat auch schon das Revierderby zwischen Schalke und Dortmund am Samstagabend stattgefunden. Das war gerade für den Aufbau eine besondere Herausforderung“, erinnert sich Domschat.
Viele melden sich deutlich kurzfristiger an als früher
In diesem Jahr aber biegt der Blick ohne solche Terminkollisionen auf die Zielgerade ein. In diesen Tagen werden Programm und Anmeldemöglichkeit auf der Webseite des AOV NRW zu finden sein – und auch die persönlichen Anschreiben und Programmhefte machen sich auf den Weg zu den Mitgliedern. „Auch das machen wir alles inhouse“, sagt Debora Gilsebach, die das Layout und auch die Kommunikation mit der Presse verantwortet. In den kommenden Wochen gibt es dann tägliche Wasserstandsmeldungen. „Im ersten Schwung kommen in der Regel rund 100 Anmeldungen. Danach liegt bei uns täglich ein Zettel am Eingang, auf dem der aktuelle Stand vermerkt ist“, gewährt Limberg einen Einblick. Da sich viele aber erst kurzfristig anmelden, ist eine verlässliche Tendenz meist erst gegen Ende sichtbar.
Und ab wann redet man beim AOV NRW von einem erfolgreichen Blick? „Natürlich könnten wir dies an Teil-nehmerzahlen festmachen, aber letztlich ist die Stimmung entscheidend. Wir wollen, dass die Leute hier in den persönlichen Austausch gehen, denn genau das macht den Blickpunkt aus“, befindet Domschat. Des-halb habe man sich auch bewusst gegen eine hybride Veranstaltung entschieden, die gerade in Corona-Zeiten intern diskutiert wurde. „Vielleicht würden sich an einem Sonntag einerseits sogar noch ein paar mehr Leute zuschalten, andererseits viele Leute wegbleiben – und das schadet der Veranstaltung und würde auch unsere Industriepartner nicht zufriedenstellen“, glaubt Limberg. Man müsse nicht alles technisch Mögliche ausloten, sondern dürfe auch an Traditionen festhalten.
Wie gut das funktioniert, davon dürfen sich alle Teilnehmenden am 16. November in Dortmund wieder überzeugen.