Medizinische Innovation Makuladegeneration: Implantat bringt Sehkraft zurück

Auge

Mit einem unter die Netzhaut gesetzten Implantat könnten an der Trockenen AMD erkrankte Menschen künftig wieder schärfer sehen.

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Ein neuartiges Implantat gibt Menschen mit trockener altersbedingter Makuladegeneration (AMD) erstmals die Chance, wieder scharf zu sehen. Forschende der Universitäts-Augenklinik Bonn unter Leitung von Prof. Frank Holz kombinierten dabei einen Mikrochip unter der Netzhaut mit einer Spezialbrille und einem Mini-Computer. Dabei wird das zwei mal zwei Millimeter kleine und nur 30 Mikrometer (Tausendstel Millimeter) dünne Implantat, das 378 Elektroden enthält, im Rahmen eines mikrochirurgischen Eingriffs unter die Netzhaut eines Auges gepflanzt. Der Chip ersetzt die abgestorbenen Fotorezeptoren der Makula. Eine Kamera in der Brille erfasst das Umfeld, der Computer verstärkt Kontraste und vergrößert das Bild bis zum Zwölffachen. Dieses wird dann als Infrarotlicht auf den Chip projiziert, der die Signale an die intakten Nervenzellen weitergibt.

In einer klinischen Studie, die in fünf europäischen Ländern, darunter Deutschland, lief, bekamen 38 Männer und Frauen das Implantat, das Durchschnittsalter betrug knapp 79 Jahre. Die nun veröffentlichten Resultate beruhen auf den Daten von 32 Patienten. Auf der standardisierten Sehtafel mit fünf Buchstaben pro Zeile konnten sie im Schnitt zehn oder mehr Buchstaben zusätzlich erkennen. Im Mittel verbesserte sich die Sehleistung um 25 Buchstaben, was etwa fünf Zeilen entspricht. Ein Patient erreichte sogar einen Zuwachs von 59 Buchstaben, also rund zwölf Zeilen. Nach einem Jahr waren 84 Prozent der Teilnehmenden in der Lage, zu Hause wieder Zahlen, Buchstaben oder ganze Wörter zu lesen.

Zulassung in Europa wird vorbereitet

Die Funktion des Implantats blieb also auch nach einem Jahr stabil. Nach der Operation ist ein längeres Rehabilitationstraining nötig, um das künstliche Bild mit dem natürlichen Seheindruck zu verbinden. Komplikationen wie erhöhter Augeninnendruck oder kleinere Blutungen traten nur vorübergehend auf. Das sogenannte PRIMA-System (Photovoltaic Retina Implant Microarray) befindet sich noch in der Erprobung, soll aber weiterentwickelt werden, mit höherer Auflösung und kleinerer Elektronik. Ganz ohne Mithilfe funktioniert das Verfahren allerdings nicht. Die Teilnehmenden mussten ihr Sehvermögen diszipliniert über mehrere Monate hinweg trainieren. Die Zulassung in Europa wird derzeit vorbereitet, die Kosten hat das Hersteller-Unternehmen Science Corporation noch nicht bekannt gegeben.

Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist die häufigste Augenerkrankung in Deutschland. Rund 6,9 Millionen Menschen sind hierzulande von Frühstadien der Krankheit betroffen, etwa 480.000 von Spätstadien. Die Informationen stammen von der Initiative „Woche des Sehens“. Diese beruft sich auf Daten aus der Gutenberg-Gesundheitsstudie der Unimedizin Mainz, an der seit 2007 mehr als 15.000 Probanden teilnahmen.

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Geschrieben von

Nicole Bengeser

Nicole Bengeser

Augenoptikerin

Nicole Bengeser bringt als Augenoptikerin Fachwissen und als leidenschaftliche Redakteurin journalistisches Gespür zusammen. Beim DOZ-Verlag widmet sie sich mit Neugier den Trends, Debatten und Entwicklungen der Augenoptik.

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