Deutsche Brillenmanufaktur Klein. Fein. Colibris.
12.08.2025
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3D-Druck ist aktuell ein großes Thema. Modelle (von oben nach unten): Daria 10, 50/16 - 135, Dana 9, 50/14 - 135, Doro 15, 47/18 – 135
Erstveröffentlichung in der DOZ 08|2025.
Die Geschichte von Colibris beginnt im Jahr 2000 in Lübeck. Susanne Reckzeh, Augenoptikerin im augenoptischen Fachgeschäft „Colibri“, das ihr Mann Wolfgang führt, stand vor einem Problem: Keine Brille passte ihr wirklich gut. Sie waren zu groß, zu schwer oder zu dominant für ihr kleines zartes Gesicht. Was als liebevolle Maßanfertigung für den Eigenbedarf begann, wurde bald zur Geschäftsidee mit Potenzial. Denn nicht nur die Augenoptikerin hatte dieses Problem, auch viele Kundinnen und Kunden klagten über unpassende Fassungen oder der Wahl aus Kinderfassung mit Autos, Feen oder Blumen auf den Bügeln. Die Idee war geboren: eine eigene Brillenmarke, spezialisiert auf zierliche Gesichter.
Die erste Kollektion des Lübecker Augenoptikpaares umfasste gerade einmal fünf Korrektions- und drei Halbbrillen aus Acetat und Nylor, mit Gläsergrößen zwischen 38 und 44 Millimeter. Von Anfang an setzten die Reckzehs auf Qualität, präzise Passform und Fertigung in kleinen Stückzahlen. Die Suche nach geeigneten Produktionspartnern war allerdings herausfordernd. Doch die Vision war klar: Brillen zu schaffen, die genau dort ansetzen, wo der Markt bislang wegsah – bei kleinen Köpfen mit großen Erwartungen. Und der Aufwand zahlte sich aus: Heute feiert Colibris 25-jähriges Jubiläum – inzwischen in zweiter Generation. Tochter Elena Reckzeh-Gogoll ist vor einigen Jahren in das Familienunternehmen eingestiegen und berichtet im Interview mit der DOZ über die Geschichte der heute international bekannten Fassungsmarke.
Chefinnensache: Mutter Susanne und Tochter Elena prüfen die neuen Modelle der Colibris-Kollektionen auf Aussehen und Qualität.
Was bedeutet Ihnen persönlich das 25-jährige Jubiläum von Colibris?
Elena Reckzeh-Gogoll: Ich bin mit Colibis aufgewachsen. Auf dem Dachboden über meinem Zimmer war das erste Büro, aus dem die Brillen an Augenoptiker versendet wurden. Was meine Eltern in den vergangenen 25 Jahren aufgebaut haben, verdient großen Respekt und ich bin froh, schon länger als Außendienst und seit einigen Jahren in der Geschäftsführung diese Erfolgsgeschichte mitzugestalten.
Die Geschichte von Colibris ist ja eine sehr persönliche…
Ja, diese Spezialisierung entstand aus eigener Motivation. Meine Mutter konnte nie eine passende Brille finden - und die einzige „Lösung“, die es gab, war eine Kinderbrille. Also legten meine Eltern selbst Hand an und befassten sich mit dem Thema „Brille für ein zierliches Gesicht“. Heute sind wir Experten darin, Fassungen mit ausgewogenen Proportionen für zierliche Gesichter zu gestalten.
Wie definieren Sie einen „schmalen Kopf“?
Mit einer Gesamt-Pupillendistanz von 56 bis 60 Millimetern hat man einen „schmalen Kopf“. Wir sprechen meist von zierlichen Gesichtern, da häufig auch die Nasenrücken deutlich schmaler sind und die Bügellänge angepasst werden muss.
Haben Sie je überlegt, Ihre Kollektion auch auf größere Köpfe zu erweitern – oder waren Sie immer sicher, dass die Nische der richtige Weg ist?
Wir bauen kleine Brillen aus Leidenschaft und sind sehr dankbar dafür, so viel positiven Zuspruch und tolle Kundinnen und Kunden zu haben. Wenn man sich die Entwicklung von Colibris in den vergangenen 25 Jahren anschaut, sieht man, mit wie viel Liebe zum Detail wir unsere Produkte kontinuierlich weiterentwickeln. Damit kann ich die Frage klar mit „Nein“ beantworten. Wir wollten nie aus der Nische und freuen uns, weiter ein familiengeführtes Unternehmen zu sein.
Womit wir beim Thema Leidenschaft wären: Wie entstehen bei Ihnen neue Modelle – vom ersten Impuls bis zur fertigen Fassung? Und welche Rolle spielen die Materialien für Ihre Entwürfe?
Auf den Messen erhalten wir Impulse zu übergeordneten Trends und Entwicklungen in der Branche. Über unser Brillengeschäft in Lübeck haben wir einen direkten Draht zur Endkundschaft. Beides fließt dann in die Arbeit unseres Designteams ein, das mit seiner jahrelangen Erfahrung neue Brillenmodelle entwirft. Wir können vor Ort in Lübeck Prototypen und Maßbrillen eigenständig fertigen, die meine Mutter und ich dann aufprobieren. Danach gibt es dann meist noch ein bis zwei Runden Feinschliff des Designs, bis es eine echte Colibris ist. Hinsichtlich des Materials folgen wir unterschiedlichen Materialtrends – von Baumwollacetat bis hin zu Metall ist alles gefragt und wir mögen die Mischung. Es gibt beispielsweise auch Kombinationen aus Acetat mit Edelstahl. Ich schätze diese Vielfalt sehr.
Sommer 2025: Das Modell Malu 188, 50/16-135 ist eines der aktuellen Sonnenbrillenmodelle von Colibris.
Es heißt, Colibris-Brillen lassen sich individualisieren. Wie müssen wir uns das konkret vorstellen?
Mit dem Colibris-Manufakturkonzept ermöglichen wir es, viele unserer Acetat-Kollektionsbrillen individuell anzupassen. Fassungs- bzw. Scheibengröße, Stegweite und Bügellänge können so perfekt auf die Bedürfnisse der Kunden angepasst werden. Da diese Einzelstücke auf Bestellung gefertigt werden, sind auch eine individuelle Gravur im Bügel oder besondere Farben möglich. Diese werden dann individuell für die Kundin gefertigt.
Entsprechend stark ist ja auch echtes Handwerk gefragt, oder?
Wir legen sehr viel Wert auf „Made in Germany“ und echte Handwerkskunst. Das spiegelt unseren Anspruch an Qualität und lokale Fertigung wider.
Diese Einstellung gehört zu Colibris Philosophie. Doch es macht nicht bei der Produktion halt, wir leben und lieben das. Dies reicht vom Einsetzen eines Windsorrings über Brillenaufbereitung bis hin zum nachträglichen Anbau von Nasenpads an Acetatbrillen. Regelmäßig besuchen uns Berufsschulklassen, denen wir Tipps und Tricks aus der Werkstatt zeigen und die wir für den handwerklichen Teil des Berufs begeistern wollen.
Eines der ersten Modelle von Colibris aus dem Jahr 2000.
Warum haben Sie beschlossen, in 3D-Druck zu investieren? Und welche Möglichkeiten eröffnen sich dadurch für Sie?
3D-Druck ist ein Trend der aktuell aus der Augenoptik nicht wegzudenken ist. Zu Beginn des Jahres haben wir unsere erste 3D-Kollektion vorgestellt, die mit dem DLP-Verfahren (Digital Light Processing, Anm. d. Red.) gedruckt wird. Im Ergebnis entstehen unsere Brillen in einem vollfarbigen Druck, sie sind wie Acetatbrillen bearbeitbar und besitzen eine seidige Oberfläche. Der 3D-Druck bietet uns die Möglichkeit, noch individueller auf die Wünsche der Kunden einzugehen. Wir können die Produkte „on demand“ fertigen, neue Prototypen selbst drucken und stehen, was das Potenzial der Fertigungstechnik für unsere Kollektion angeht, sicher erst am Anfang unserer Entwicklung. Wichtig ist aber: Es ist für uns kein entweder oder, was die Herstellungsverfahren angeht. Colibris macht Trends der Augenoptik, egal ob Design oder Material, tragbar fürs schmale Gesicht. Für Augenoptiker bedeutet das, sie können mit einem Hersteller die Bedürfnisse aller Kunden mit schmalen Gesichtern abdecken.
Das Colibris-Team (v.r.): Familie Reckzeh mit Vater Wolfgang, Mutter Susanne Reckzeh und Tochter Elena Reckzeh-Gogoll.
Wie sehen Sie die Zukunft? Gibt es neben den eben genannten Plänen weitere für neue Märkte, Materialien oder Zielgruppen?
Wir blicken positiv in die Zukunft und bleiben den kleinen Brillen treu. Klar ist aber auch, die Endkundinnen müssen wissen, dass es uns gibt und das nicht erst nach langer Suche, bei einem unserer Partneroptikgeschäfte. Von daher werden wir in Zukunft sicher stärker aus unserer Nische heraus in Richtung Endkunden kommunizieren, damit diese ihre Suche nach der passenden Brille schneller erfolgreich beenden können. Hierfür haben wir in Deutschland das langjährig eingespielte Konzept „Colibris Click & Connect“: Kundinnen und Kunden können sich auf unserer Website bis zu vier Brillen zu einem augenoptischen Geschäft aus unserer Liste bestellen und diese vor Ort anprobieren. Und natürlich haben wir weitere Überlegungen, die uns in die Zukunft begleiten: Ich bin selbst Mutter von siebenjährigen Zwillingsmädchen und einem zweijährigen Sohn – da liegt mir das Thema gutes Sehen für Kinder natürlich sehr am Herzen. Mein Traum wäre es, in der Zukunft eine noch kleinere Colibris-Kollektion zu machen.