Die Versorgung von morgen sichern! Die fünf Gesundheitshandwerke stellen ihr neues Positionspapier vor

Gesundheitshandwerke

(Links) Mit der Präsentation des ersten gemeinsamen Branchenreports im Frühjahr (als auch dieses Foto entstand) setzten sie ein erstes Zeichen, jetzt haben die fünf Gesundheitshandwerke mit einem neuen Positionspapier ihre Forderungen an die Politik untermauert: (v. l.) die Verbandspräsidenten Dominik Kruchen (Zahntechnik; VDZI), Alf Reuter (Orthopädie-Technik; BIV-OT), Jens Schulte (Orthopädie-Schuhtechnik; SpiOST), Eberhard Schmidt (Hörakustik; biha) und Christian Müller (ZVA).

© ZDH / Boris Trenkel

Gezielte Investitionen gegen den Fachkräftemangel

Nur eine Weiterentwicklung der Berufsbilder könne laut Papier dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Durch eine Steigerung der Attraktivität des Gesundheitshandwerks würden Potenziale im Bereich der beruflichen Bildung besser genutzt und die Berufsbilder gestärkt. Die Forderung: Es braucht eine gezielte Förderung zum Ausbau der Berufsschulen, eine Ausweitung des Meister-Bafögs sowie mehr finanzielle Mittel für überbetriebliche Ausbildungsstätten. Zudem sollen das Wirtschaftlichkeitsprinzip und die Anerkennung marktüblicher Stundenverrechnungssätze, angemessener Mindestlohnanpassungen und Inflationsraten in der Kostenerstattung berücksichtigt werden.

Mehr Verantwortung für die Gesundheitshandwerke

 Auch in der Hilfsmittelversorgung müsse gelten, dass die Vertragsärzte nur für die originär medizinischen Belange zuständig sind. Aufgabe der Gesundheitshandwerke sei es, alle übrigen versorgungsrelevanten Aspekte in den Blick zu nehmen. Eine klare, kompetenzorientierte Aufgabenverteilung zwischen Gesundheitshandwerkern und Vertragsärzten führe zu schnelleren und kostengünstigeren Versorgungen und schone ärztliche Kapazitäten in Zeiten des demografischen Wandels. Die Forderung: Die Kompetenz der Gesundheitshandwerke sollte genutzt werden, um eine kostengünstige, qualitätsgesicherte Versorgung zu sichern. Den Gesundheitshandwerken muss die Möglichkeit eingeräumt werden, auf Augenhöhe mit dem Arzt Diagnosen und Versorgungsdokumentation auszutauschen und zu bearbeiten. Daher sollten sie ebenfalls auf die elektronische Patientenakte (ePA) zugreifen können.

Entbürokratisierung der Präqualifizierung

Das Verfahren zur Präqualifizierung im Hilfsmittelbereich brauche eine ausgewogene und angemessene Ausgestaltung, sagen die Gesundheitshandwerke. Während Ärzte und Apotheker, die ebenfalls Hilfsmittel abgeben, von diesen Anforderungen ausgenommen seien, müssten sich die Gesundheitshandwerke weiterhin einem umfangreichen Prüfprozess stellen. Die regelhaft verlangten Doppel- und Dreifachnachweise würden die Bürokratie erhöhen und nicht zur Versorgungsqualität beitragen – im Gegenteil. Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, weshalb externe Prüfer alle 20 Monate persönlich kontrollieren. Dies diene keiner zielgerichteten Qualitätssicherung. Die Forderung: Der Prüfzyklus soll auf fünf Jahre verlängert und der Vorgang insgesamt verschlankt werden. Nur so entsteht ein fairer Wettbewerb unter allen Leistungserbringern, wobei die geltenden Qualitätsstandards erhalten bleiben. Die Prüfkriterien von GKV-SV und DAkkS im Präqualifizierungsverfahren müssen zusätzlich dem Stand der Technik angepasst, über die Versorgungsarten hinweg deutlich reduziert und rechtlich klar formuliert werden.

Vereinfachung des Vertragswesens

Die Krankenkassen nutzen laut Positionspapier ihre Verhandlungsmacht, um geregelte Verhandlungen zu umgehen, sie zu verzögern oder auf kostenintensive Schiedsverfahren auszuweichen. Die langwierigen Vertragsprozesse verursachen einen erheblichen bürokratischen Aufwand, verteuern die reguläre Versorgung unnötig und führen zu Engpässen sowie Versorgungslücken. Eine vollständige Abdeckung aller Versorgungsbereiche mit allen gesetzlichen Krankenkassen sei kaum möglich. Immer wieder seien Verträge veraltet, nicht mehr wirtschaftlich oder würden durch Krankenkassen per systematischem Einzelvertrag umgangen. Versicherte, insbesondere von kleineren Krankenkassen, hätten dadurch einen zunehmend eingeschränkten Zugang zur Versorgung. Die Forderung: Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen müssen auf Augenhöhe erfolgen, ohne übermäßige Anforderungen an die Leistungserbringer. Neben der Nutzung von Leitverträgen ist eine Vereinheitlichung der nicht-wettbewerblichen Vertragsinhalte notwendig.

Festbeträge im Sinne der Gesundheitshandwerke weiterentwickeln

Festbeträge dienen sowohl den Krankenkassen als auch den Leistungserbringern als Orientierungshilfe bei der Gestaltung von Versorgungsverträgen. Sie legen die maximale Höhe der vertraglich zu vereinbarenden Preise fest. Das Bundessozialgericht habe bereits 2022 festgestellt, dass der GKV-Spitzenverband die Festbeträge fehlerhaft ermittelt – geschehen sei seither nichts. Entgegen den Aussagen der Krankenkassen könnten Festbeträge jedoch rechtssicher festgelegt werden, indem der GKV-Spitzenverband ausschließlich die tatsächlichen Abgabepreise ermittelt und daraus Festbeträge bildet. Bis heute komme der GKV-Spitzenverband seiner Pflicht, Festbeträge unter Berücksichtigung allgemeiner Preissteigerungen anzupassen, nicht nach. Die Forderung: Es braucht eine korrekte Weiterentwicklung und faire Festsetzung der Festbeträge ohne starre Obergrenzen sowie eine jährliche Anpassung an die Inflationsrate. Zudem dürfen bestehende Festbeträge für Hilfsmittel nicht einseitig vom GKV-Spitzenverband aufgehoben werden.

Lese- und Schreibrecht für die elektronische Patientenakte:

Über die elektronische Patientenakte (ePA) können Anamnese, Vorerkrankungen und vorherige Versorgungen von anderen Hilfsmittelerbringern eindeutig nachvollzogen werden. Die Konkretisierung der Therapie bleibt damit für Patientinnen, Patienten und Ärztinnen, Ärzte transparent, und Kosten durch Über- und Doppelversorgungen können vermieden werden. Gleichzeitig sind die Gesundheitshandwerke gesetzlich legitimiert, Hilfsmittel auch ohne fachärztliche Verordnung abzugeben, sofern es sich um Folgeversorgungen handelt oder sie auf eine GKV-Finanzierung verzichten. Vor allem für Augenoptikerinnen, Augenoptiker und Hörakustikerinnen, Hörakustiker ist es bewährte Praxis, Versorgungen auf Grundlage spezieller Verordnungen wie Versorgungsanzeige oder Berechtigungsschein durchzuführen. Da Krankenkassen eine uneingeschränkte Gewährleistung der abgegebenen Hilfsmittel verlangen, müssen Betriebe Messwerte in Verordnungen anpassen, um eine optimale Versorgung sicherzustellen. Die Forderung: Den Gesundheitshandwerken müssen Lese- und Schreibrechte in der ePA zugeteilt werden, um eine qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten. Der elektronische Berufsausweis (eBA) ist hierfür als Zugangsvoraussetzung zwingend und muss beibehalten werden, da er Ausdruck der Meisterpräsenzpflicht in den zulassungspflichtigen Gesundheitshandwerken ist.

Zum gesamten Positionspapier kommen Sie hier.

Geschrieben von

David Friederichs

David Friederichs

Große Themen mit gründlicher Recherche und kritischem Blick sind David Friederichs Spezialgebiet. Der DOZ-Chefredakteur schreibt am liebsten über das, was wirklich zählt – und sammelt dabei gerne Brillen. 

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