Kontaktlinse kommunizieren

Das Bild zeigt ein Kundengespräch.
Die Kontaktlinse unkompliziert mit einem Probetragen erlebbar machen.
© DOZ

Produkte sind oft austauschbar. Dies gilt auch für Kontaktlinsen, obwohl es bei genauerer Betrachtung Qualitätsunterschiede zwischen den Produkten unterschiedlicher Hersteller gibt. Diese muss der Anpasser allerdings erstens erkennen und zweitens dem Kunden gegenüber entsprechend kommunizieren. Etwas anders sieht es beim Dienstleistungsangebot aus. Hier gibt es deutliche Unterschiede im Markt. Von der kostenlosen „Schnell-Anpassung“ bis hin zum wertvollen 360°- Servicepaket findet der Kunde je nach Augenoptiker alles im Angebot.

Folgende Situation: Ein Kunde möchte sich ein neues Auto kaufen und informiert sich über die verschiedenen Angebote. Irgendwann hat er sich für einen Fahrzeug-Typus und dessen Ausführung entschieden. Er recherchiert Preise und Lieferbedingungen. Ein ausländischer Autohändler macht möglicherweise ein Angebot, das 20 Prozent unter dem des lokalen Händlers liegt. Diese und vergleichbare Situationen finden täglich statt. Im Zeitalter von Internet und Handel ohne Grenzen findet man fast immer jemanden, der ein noch günstigeres Angebot hat.

Es stellt sich folgerichtig die Frage, ob immer zu 100 Prozent die identischen Eckpunkte verglichen werden und wo zusätzliche verdeckte Kosten entstehen, die man auf den ersten Blick nicht erkennt. Je komplexer ein Produkt oder eine Dienstleistung ist, desto schwieriger wird der Preis-Leistungs-Vergleich. Einen günstigeren Sechserpack Kontaktlinsen im Internet zu finden ist kein Hexenwerk – eine professionelle Dienstleitung zu beurteilen hingegen schon.

Laut aktuellen Erhebungen werden in Deutschland zur Zeit rund 28 Prozent der Kontaktlinsenumsätze (Produkte) im Internet gemacht, heißt, es bleiben immer noch 72 Prozent übrig, die man relativ einfach steigern kann.

Fielmann setzt ein Zeichen

Die Fielmann AG aus Hamburg kümmert sich seit einigen Jahren vermehrt um ihr Kontaktlinsengeschäft. Klare Anzeichen dafür sind die Steigerung der Professionalität ihrer Mitarbeiter durch entsprechende Aus- und Weiterbildungsprogramme, die Einführung einer Bestell-App, die bauliche Erweiterung ausgewählter Filialen mit zusätzlichen Anpassräumen und deren technische Aufrüstung. Fielmann hat weiter die Produktpreise auf das Niveau von Internetpreisen gesenkt. Dies, um auch hier konkurrenzfähig zu bleiben. Im Gegenzug hielt die Anpassgebühr Einzug. Das Geschäft entwickelt sich positiv, auch wenn die Gebühr die Kosten noch nicht deckt. So ist sie doch ein Schritt in die richtige Richtung, um den Wert der Dienstleistung zu dokumentieren und den Wertverfall der Produkte zu kompensieren. Vertreter der Industrie, von Mitbewerbern und der Berufsverbände beurteilen die Einführung der Anpassgebühr als wichtige Maßnahme, um aus der ruinösen Preisspirale zu herauszukommen.

Ist der Preis eine Hürde?

Zufriedene Kontaktlinsenträger sind ihrem Anpasser viel treuer, als vielfach angenommen. Dass diese Zufriedenheit sichergestellt wird, ist der Erfolgsfaktor Nummer eins. Marktvergleiche im internationalen Kontext haben bewiesen, dass auch in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld der zufriedene Kontaktlinsenträger seine bevorzugte Sehhilfe regelmäßig nachkauft. Die Wiederbeschaffung einer neuen Brille hingegen wird unter denselben Bedingungen oft hinausgezögert. Weiter wird die Professionalität der Beratung, des Anpassvorgangs, der Nachkontrollen  und  des After-Sales-Services von immer mehr Kunden als ausschlaggebend dafür beurteilt, was ein Kunde beim Augenoptiker einkauft. Auch wenn der Preis marktkonform sein muss, so kommt es doch darauf an, wie dieser sich zusammensetzt und wie er kommuniziert wird. Bei der Preiskalkulation sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:

  1. Gibt es ein attraktives Angebot für den Kontaktlinsen-Einsteiger?
  2. Ist das Dienstleistungsangebot inhalt- lich und die Kosten betreffend für den Kunden transparent?
  3. Was beinhaltet das Dienstleistungs- angebot?
  4. Was entstehen für Folgekosten? Wie sieht in einer späteren Phase das Dienstleistungsangebot  aus?
  5. Wird der Kunde belohnt, beispiels- weise mit einem Bonus-System?

Der Augenoptiker sollte darauf achten, dass die Angebote und deren Beschreibungen einfach und klar strukturiert sind. Wichtig ist die Kostentransparenz, die eine Trennung von Produkt und Dienstleistung ausweist. Aufgeklärte Kunden können rechnen und wollen wissen, was sie für ihr Geld bekommen.

Das Foto zeigt ein Kundengespräch
Den Leistungskatalog und das Angebot immer visualisieren. (Foto: DOZ)

 

Ein kompetentes Außen setzt ein kompetentes Innen voraus

Um nach außen, heißt dem Kunden gegenüber, umfassend beraten zu können, muss innen, heißt in den Köpfen der Mitarbeiter, die Basis dafür geschaffen werden. Sie brauchen einen „roten Faden“, um den Kunden vom ersten bis zum letzten Kontakt während eines Anpassprozesses und der Nachkäufe zu betreuen. Um einen Leitfaden zu entwickeln, können folgende Fragen hilfreich sein: 

  1. Wie aktuell ist meine technische Ausrüstung/Infrastruktur zur Anpassung von Kontaktlinsen?
  2. Wie sieht es in meinem Anpassraum aus? Herrscht hier eine Wohlfühlatmosphäre?
  3. Wie sieht es mit meinem Wissensstand zu Kontaktlinsen und dem meiner Mitarbeiter aus? Wie kann ich diesen verbessern?
  4. Wie stelle ich sicher, dass alle Teammitglieder die Kontaktlinse bei jedem Sehberatungsgespräch im Hinterkopf haben und dieses auch anbringen?
  5. Das erste Beratungsgespräch: Wie viel Zeit plant man dafür ein? Welche Seh- und Tragebedürfnisse werden abgeklärt? Welche Empfehlungen werden abgegeben? Gibt es ein Probetragen? Wie verläuft die Anpassung? Ist der Kunde informiert was ihn erwartet?
  6. Wie wird die Anpassung dokumentiert? Kann ein Kollege jederzeit übernehmen?
  7. Weiß der Kunde, wann die Bezahlung fällig wird und welche Kosten auf ihn zukommen?
  8. Was passiert nach der Anpassung? Wie oft sollen Nachkontrollen stattfinden? Wie wird der Kunde dazu eingeladen?
  9. Wie bekommt der Kunde seine neuen Kontaktlinsen, wenn sein Bedarf auf- gebraucht ist? Gibt es einen automatisierten Prozess (Abo) oder wie kann er möglichst einfach  nachbestellen?
  10. Wie kann der Augenoptiker dafür sorgen, dass die Kommunikation auch über größere Zeitabstände erhalten bleibt?
  11. Welche Cross-Selling-Angebote kann der Augenoptiker seinem Kunden anbieten?

Die Praxis zeigt, dass viele Augenoptiker ihr Augenmerk auf die Kontaktlinsenträgerneugewinnung legen und folgerichtig viel Energie ins Marketing stecken. Die Bestandskunden drohen dabei, hinten runter zu fallen. Obwohl es mindestens genauso wichtig sein sollte, die bestehenden Kunden optimal zu betreuen und diese zu treuen Fans und Botschaftern zu machen.

Standardisierte Kommunikationsmittel für die individuelle Kundenberatung

Auch im Zeitalter umfassender Individualisierung können standardisierte Kommunikationsmittel die Beratung erleichtern. Dies können Flyer, Broschüren, IT-unterstützte Animationen und Präsentationen sein. Die Kommunikationsmittel fordern, sofern klar strukturiert, auch ihren Anwendern ab, in der Kundenberatung einem roten Faden zu folgen. Die Beratung wird transparenter und nachvollziehbarer, nicht nur für den Kunden. Zudem kann der Augenoptiker seine Dienstleistungen auf der Unternehmenswebsite und über die verschiedenen Social-Media-Kanäle streuen und Neuigkeiten beispielsweise auf Facebook posten. Dieses setzt allerdings voraus, dass Klarheit darüber herrscht, über welche Kommunikationskanäle der Augenoptiker seine Kunden, alias Zielgruppen, erreichen kann. Service wird im Zeitalter von Schnelllebigkeit und Hektik immer bedeutender. Die Dienstleistungsangebote eines Augenoptikers sollten das Leben des Kunden vereinfachen. Wenn er dieses mit einer Fachkompetenz, kundenorientiertem Verhallten und einer guten Portion Freundlichkeit kombiniert, sollte dem geschäftlichen Erfolg nicht mehr viel  im Wege stehen. 

Marcel Zischler