Umfrage unter Augenoptikern: Was darf Service kosten?

Kundin beim Augenoptiker
Sollten Dienstleistungen für die Kunden etwas kosten?
© Seyda Productions / AdobeStock

Die Diskussion um eine Berechnung von Sehtests oder andere Dienst­leistungen beim Augenoptiker ist nach wie vor ein drängendes Thema in der Branche. Große Filialisten bieten selbst ausführliche Sehtests oft kostenlos an. Bei Kunden entsteht mitunter der Eindruck, dies sei immer der Fall. Doch wie gehen kleinere oder mittelständische Betriebe damit um? Christine Lendt hat sich für die DOZ bei Augenoptikern bundesweit umgehört.

Das Thema Service und die Frage, wer die damit verbundenen Kosten trägt, bewegt in der Branche die Gemüter. „Das ist doch gefühlt die hunderttausendste Diskussion um die Kosten beim Führerschein-Sehtest“, kommentiert Roland A. Frank, Inhaber von Augenoptik Frank in Augsburg im DOZ-Interview, eine aktuelle Diskussion in den sozialen Netzwerken. Er selbst hat eine klare Meinung zu den Kosten der angebotenen Dienstleistungen, auch bei einer Refraktion. „Natürlich kostet ein Sehtest etwas. Bei uns sind es in der Regel etwa zwischen 15 und 35 Euro“, sagt der Augenoptikermeister, zugelassene Heilpraktiker und Sachverständige für das Augenoptikerhandwerk (ö.b.u.v.).

„Wieviel genau, hängt natürlich auch ein bisschen vom Aufwand ab. Wenn ein Kunde zum Beispiel als Diabetiker vier Mal vorbeikommt, muss er zwar nicht für alle vier Mal bezahlen, aber es braucht natürlich schon mehr Zeit als bei einer einfachen Messung, so dass entsprechend höhere Kosten anfallen.“ Neben dem gängigen Angebot ist er auch Spezialist für Bildschirmarbeitsplatzbrillen und optische Sportbrillen, fertigt außerdem Brillen für Hunde an.

„Am Ende habe ich doch die Verantwortung“

In mehr als 90 Prozent der Fälle, schätzt Frank, lassen seine Kunden die Refraktion komplett bei ihm im Geschäft durchführen. „Hier in der Nähe gibt es keinen Augenarzt und das habe ich mir aufgrund meiner vorherigen Erfahrungen auch so ausgesucht. Augenärzte stellen zwar auch Rezepte aus, schreiben aber darauf: Korrektionsvorschlag, bitte Kontrolle durch den Optiker. Also habe ich am Ende doch die Verantwortung. Daher sind auch Arztrezepte verschwindend gering bei mir, das habe ich schon vor 25 Jahren so eingeführt.“ Gefragt, ob die Kunden die für Sehtests anfallenden Gebühren mit dem Kauf einer Brille verrechnen können, reagiert er verwundert. „Nein, warum auch? Bisher konnte mir noch keiner erklären, warum ich solche Kosten verrechnen sollte.“

So gibt es auf seiner Homepage (www.augenoptik-frank.de) auch einen ausführlichen Beitrag über die Preisgestaltung in der Augen­optik – unter anderem mit einem Hinweis zum Zeitaufwand bei der Messung der benötigten Brillenglasstärken. Den umfassenden Service verbindet Frank mit einigen Gratisleistungen. So werden unter anderem auch „Hausbesuche auf Wunsch (i.d.R. ohne Mehrkosten)“ angeboten und den Kunden anteilig Parkplatzgebühren sowie Tickets für öffentliche Verkehrsmittel ersetzt.

„Es ist eine Dienstleistung, also fallen Kosten an“

Auch bei Schaaf‘s Augenweide GmbH in Altensteig bei Tübingen zweifelt man nicht am Sinn und Zweck der erhobenen Servicekosten. „Wir führen generell 3D-Sehtests zur Refraktion und Brillenglasbestimmung durch“, sagt Geschäftsführerin Sandra Schaaf. „Das kostet bei uns 25 Euro. Wenn der Kunde dann eine Brille kauft, bekommt er zehn Euro davon vergütet.“ Auf ihrer Homepage (www.schaafs-augenweide.de) wirbt sie auch mit speziellen Paket-Angeboten für den umfassenden Augencheck, derzeit etwa mit einem Gutschein für eine Messung mit dem Zeiss i.Profiler, einer 3D-Refraktion zur genauen Bestimmung der Brillenglaswerte, einer Augendruckmessung, einer Beurteilung des Tränenfilms sowie einer Beratung und Besprechung der Messergebnisse. Alles zusammen kostet hier aktuell 35 statt 45 Euro.

Gutscheine
Schaaf‘s Augenweide verteilt regelmäßig
Gutscheine, in denen Serviceleistungen
vergünstigt angeboten werden.
© Screenshot / www.schaafs-augenweide.de

Anfangs sei es ihr schon schwergefallen, die Kosten für einen Sehtest durchzusetzen, erinnert sich die Augenoptikermeisterin, die das Geschäft im Juli 2001 übernommen und umbenannt hat. „Weil die Kosten von der Krankenkasse übernommen werden, wenn der Augenarzt den Sehtest durchführt, haben sich Kunden gewundert. Einige meinten, sie würden die Messung doch benötigen, warum also sollten sie sie bei uns bezahlen?!“ Geduldig klären Sandra Schaaf und die bei ihr beschäftigten Augenoptikerinnen in solchen Fällen auf. „Wir argumentieren dann, dass diese Kosten für uns ja auch tatsächlich anfallen und wir nicht einfach irgendetwas in einen Brillenpreis hinein kalkulieren.“ Seit der Augenarzt auch hier auf das Rezept schreibe, dass die Werte beim Optiker noch einmal überprüft werden müssten, sei das zumindest einfacher geworden.

„Laut der Verordnung müssten wir bei Bedarf zwar kostenlos nachprüfen, doch darüber habe ich mich geärgert. Schließlich handelt es sich hier um eine Dienstleistung, für die auch Kosten anfallen. Wenn ein Kunde sagt, das ist es mir nicht wert, soll er halt woanders hingehen.“ Dass jemand fordere, die Werte vom Augenarzt zu nehmen, um nichts bezahlen zu müssen, käme nicht so oft vor. „Unsere Augenärzte haben oft auch gar nicht die Zeit zu messen. Die meisten sagen dann schon von sich aus: Gehen Sie dafür zum Augenoptiker.“

Auch für Sandra Schaaf ist vor allem die eigene Verantwortung ausschlaggebend für die Entscheidung gewesen, stets auch selbst einen Sehtest durchzuführen. Wenn die Brille nicht funktioniere, würde der Kunde in ihr die „Schuldige“ sehen. „Dann müssen wir eine neue Brille machen, egal wer gemessen hat. Also prüfen wir es lieber gleich nach.“

„Es sind unabhängig zu zahlende Honorare“

Bei der Optometrie Cagnolati GmbH in Duisburg (www.optometrie-cagnolati.de) werden Honorare für optometrische Dienstleistungen seit der Geschäftsgründung im Jahr 1986 erhoben. „Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen einer optometrischen Untersuchung, einer Augenglasbestimmung sowie den Leistungen, die im Zuge einer Kontaktlinsenversorgung durchgeführt werden“, erklärt Dr. Steffen Cagnolati. Der Dipl.-Ökonom mit einem MBA-Abschluss an der Indiana University of Pennsylvania führt das Augenoptikergeschäft zusammen mit seinem Vater Dr. Bastian Cagnolati, BSc (Hons), MCOptom (registrierter Optometrist in Großbritannien).

Zur Verfügung stehen hier drei vollständig ausgerüstete Untersuchungsräume sowie ein Voruntersuchungsraum. Je nach Situation und Untersuchung, werden verschiedenste Instrumente und Verfahren eingesetzt. Entsprechend können die Kosten bei den Cagnolatis variieren, doch es gibt jeweils klare Angaben, wie der Juniorchef aufzählt. „Eine normale Augenglasbestimmung kostet bei uns 59 Euro und eine optometrische Untersuchung gibt es für 98 Euro.“ Hinzu kommen gegebenenfalls noch Aufschläge für eine qualitative Binokularuntersuchung (plus 70 Euro), oder eine Kinderuntersuchung (plus 60 Euro). Eine Kontaktlinsenanpassung kostet hier je nach Art der Versorgung zwischen 130 und 280 Euro, zuzüglich zu den Kosten der Basisuntersuchung. Eine Kontaktlinsenkontrolle kostet 49 Euro, im Rahmen der optometrischen Untersuchung für 98 Euro ist sie enthalten. „Die Dienstleistungsposten sind unabhängig zu zahlende Honorare“, betont Steffen Cagnolati. „Sie werden nicht mit einem Brillenkauf oder einer Kontaktlinsenversorgung verrechnet.“

„Wir berechnen den Kunden nichts“

Bei Geertz Optik (www.geertz.de) im schleswig-­holsteinischen Mölln hingegen sieht man Sehtests als kostenlose Serviceleistung. „Wir berechnen den Kunden nichts“, sagt Inhaber Matthias Geertz. Auf dem Auftrag und der Rechnung sei es auch so aufgeführt: „Messung der Augenwerte (ohne Berechnung)“. Und wie verhält es sich, wenn ein Kunde nur die Werte bestimmt haben möchte? „Dann berechnen wir je nach Zeit 6,40 Euro pro angefangene fünf Minuten. Beim späteren Kauf wird der Betrag dann gutgeschrieben.“

Mobile Augenoptikerin
Unterwegs im Dienst des Kunden: Anfahrtskosten berechnet Janka
Pirscher nur, „wenn gar kein Auftrag zustandekommt“.
© Christine Lendt

Für die Sehtests stehen bei Geertz Optik drei Messstationen zur Verfügung, jeweils mit Geräten von Zeiss. Station 1 ist mit dem i.profiler ausgestattet. An Station 2 wird mit dem Visuphor und Visuscreen die automatisierte, subjektive Refraktion durchgeführt. Für die Zentrierung nutzt das Team an der dritten Station das i.terminal. Beim Kauf einer Brille entstehen für diese Serviceleistungen keine Kosten.

„Kosten sind Teil meiner Serviceleistung“

In einer besonderen Situation befindet sich Janka Pirscher aus dem brandenburgischen Ludwigsfelde. Die Diplom-Augenoptikerin und Optometristin ist im Umkreis von etwa 30 Kilometern „augenblicklich“ zu ihren Kunden unterwegs (www.augenblick
lich.net
). In dem komplett als Augenoptikergeschäft ausgestatteten Bus führt sie Augenprüfungen und die  fachkundige Beratung durch. Anschließend fertigt sie die Brille an und bringt diese wieder zum Kunden. Der Service beinhaltet hier also auch einen erheblichen Anteil an Fahrten, und doch ist er meist kostenlos. „Anfahrtskosten entstehen lediglich, wenn gar kein Auftrag zustande kommt. Aus meinem vorherigen Angestelltenverhältnis weiß ich aber auch, dass es durchaus okay ist, für eine Anfahrt bei Hausbesuchen eine Gebühr zu erheben.“

Allein bei weiteren Anfahrten zu Kunden außerhalb ihres festen Einzugsgebiets bespricht Janka Pirscher vorab eine Kilometerpauschale. „Deren Höhe ist situationsabhängig, etwa von der Frage, ob ich extra wegen einer einzelnen Lesebrille vorbeikomme oder wegen fünf Gleitsichtbrillen und davon, wie groß die Erfolgsaussichten sind.“ Kosten für Sehtests bezeichnet die mobile Augenoptikerin als Teil ihrer Serviceleistung. „Nur wenn ich extra vorbeikomme, um die Augen zu prüfen, und dann kein Auftrag ausgeführt wird, erhebe ich einen Arbeitslohn in Höhe von 35 Euro für die komplette Refraktion.“ Hinzu kommen dann auch die Fahrtkosten, allerdings habe es solch eine Situation in den vergangenen drei Jahren lediglich einmal gegeben. „Die Kunden, die mich rufen, haben in der Regel auch wirklich vor, etwas zu kaufen. Es ist anders als beim klassischen Ladengeschäft, das häufig auch von Laufkundschaft aufgesucht wird, die einfach mal gucken möchte.“ Nach dem Motto: Ach, wenn ich schon mal hier bin, kann ich ja einfach mal einen Sehtest machen. Janka Pirscher kennt das noch aus eigener Erfahrung. „Man investiert viel Zeit in die Beratung, und der Kunde sagt dann: Danke, ich schlafe mal darüber, Sie können mir die Werte ja mal aufschreiben. Das ist schon ziemlich demotivierend. Die eigene Arbeit muss schließlich auch bezahlt werden.“ Bei ihrem mobilen Geschäft bestehe hingegen ein hohes Kaufinteresse ihrer Kunden. „Die Absprungrate geht gegen Null.“ Transparenz ist ihr dabei wichtig: „Mit allen Kunden bespreche ich im Vorfeld, welche Service­kosten anfallen können.“

An unserer Umfrage haben auch weitere Augen­optiker teilgenommen, die jedoch namentlich nicht genannt werden möchten. Mal werden auch dort feste Servicepauschalen für Sehtests erhoben, mal wird je nach Situation berechnet. Als weit verbreitet erweist sich die Praxis, zumindest einen Teil der Kosten beim Kauf einer Brille oder von Kontaktlinsen zu verrechnen. Bei einem Augenoptiker im Großraum Aachen etwa ist der einfache Sehtest kostenlos. Eine Brillenglasbestimmung kostet dort 20 Euro bei Einstärken- und 40 Euro bei Mehrstärkengläsern, die jeweils beim Brillenkauf verrechnet werden. Die Kunden würden darüber sofort informiert und „es kaufen eigentlich dann auch alle eine Brille, sodass es für sie gar keine Kosten sind.“

Autorin: Christine Lendt


Dieses Thema stammt aus dem neuen DOZ-Magazin 06|2019 - ab 31. Mai als digitale Ausgabe erhältlich liegt dann auch als Printausgabe in jedem Abonnenten-Briefkasten.